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KI-Compliance: HR und Künstliche Intelligenz
Die KI-Verordnung im HR Bereich – welche Anforderungen Arbeitgeber in Bezug auf die KI-Kompetenz ihrer Mitarbeiter erfüllen müssen.
Die KI-Verordnung tritt in Kraft und bringt unmittelbare Pflichten für Anwender von KI-Anwendungen mit sich. Besonders betroffen ist die Personalverwaltung, ein typisches Einsatzgebiet von KI. Hier sind die Anforderungen der KI-Verordnung besonders streng, da viele HR-Anwendungen als sogenannte "Hochrisiko-KI" eingestuft werden.
Für Unternehmen, die bereits KI in der Personalverwaltung nutzen oder dies planen, ist es entscheidend, sich frühzeitig mit den neuen Compliance-Anforderungen auseinanderzusetzen.
Obwohl es Übergangsfristen gibt, bis die bußgeldbewährten Anforderungen der KI-Verordnung verpflichtend werden, drohen erhebliche Strafen, sobald die Pflichten "scharfgestellt" sind. Nach Art. 99 Abs. 3 bis 5 KI-VO können Bußgelder von bis zu 35 Mio. EUR oder 7 % des weltweiten Jahresumsatzes verhängt werden, insbesondere bei Einsatz verbotener Praktiken der KI.
KI-Compliance ist insofern schon wegen des hohen Bußgeldrisikos eine besonders wichtige Compliance-Pflicht, die frühzeitig und nachhaltig adressiert werden sollte, um einerseits ethischen und rechtlichen Standards gerecht zu werden und andererseits auch Haftungsrisiken perspektivisch zu reduzieren.
Im Vordergrund der Diskussion stehen allerdings vielfach nur die Pflichten von Anbietern von Hochrisiko-KI. Aus dem Blick gerät all zu schnell, dass auch Anwender (!), das heißt Betreiber, von Hochrisiko-KI umfangreiche Pflichten haben.
Mit dem Kauf der besten KI ist es also nicht getan. Die KI-Verordnung nimmt auch die Nutzer in die Pflicht, um einen menschenzentrierten und ethischen Umgang mit KI sicherzustellen.
Anwender von Hochrisiko-KI, zu denen häufig KI im HR-Bereich zählt, müssen unter anderem:
geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass diese Systeme gemäß den beigefügten Betriebsanleitungen verwendet werden,
natürliche Personen einsetzen, die über die erforderliche Kompetenz, Ausbildung und Befugnis verfügen, die menschliche Aufsicht über die KI auszuüben,
soweit Hoheit über Eingabedaten besteht, sicherstellen, dass diese zweckgemäß und ausreichend repräsentativ sind.
Schauen wir uns die Details an:
Was ist KI (laut der Verordnung)?
Der KI-Begriff ist in der KI-Verordnung sehr weit gefasst. Nach § 3 Abs. 1 KI-Verordnung ist ein KI-System:
ein maschinengestütztes System, das für einen in unterschiedlichem Grade autonomen Betrieb ausgelegt ist und das nach seiner Betriebsaufnahme anpassungsfähig sein kann und das aus den erhaltenen Eingaben für explizite oder implizite Ziele ableitet, wie Ausgaben wie etwa Vorhersagen, Inhalte, Empfehlungen oder Entscheidungen erstellt werden, die physische oder virtuelle Umgebungen beeinflussen können.
Nach dem Erwägungsgrund 12 der KI-Verordnung dient die Definition allein zur Abgrenzung im Hinblick auf die einfacheren herkömmlichen Softwaresysteme und Programmierungsansätze. Keine KI stellen damit Systeme dar, die auf ausschließlich von natürlichen Personen definierten Regeln für das automatische Ausführen von Operationen beruhen. Beispielhaft zu nennen sind hier einfache Entscheidungsbäume, wie sie als Expertensysteme verwendet werden (”Wenn” > “Dann”). Im Gegensatz hierzu ist alles KI, was die Fähigkeit zur “Ableitung” hat.
Wann ist KI im HR-Bereich “Hochrisiko-KI”?
Einige Anwendungen werden ganz verboten, weil sie ein unannehmbares Risiko darstellen. Im Übrigen hängen die einschlägigen Compliance-Pflichten nach der KI-Verordnung vom Risiko ab, das vom genutzten KI-System ausgeht.
Es gilt ein sog. “risikobasierter Ansatz”.
Mit dem Risiko für die Güter von Betroffenen, aber auch mit dem Risiko für die staatliche Ordnung (Rechtsstaat und Demokratie) steigen die Anforderungen an das KI-System.
Die Risikostufe entscheidet also über den Pflichtenkatalog des Anwenders.
Ist das System “gefährlich”, darf es nur in den Verkehr gebracht und betreiben werden, wenn dieses Risiko auch “gemanagt” wird. Hierfür sieht die KI-Verordnung drei Risikostufen vor, an deren unterem Ende keine Regulierung eingreift und am oberen Ende - bei der Hochrisiko-KI - der Schwerpunkt der Regulierung liegt.
Für den Bereich HR (Beschäftigung, Personalmanagement) beurteilt die KI-Verordnung folgende KI-Systeme als “hoch riskant”:
KI-Systeme, die bestimmungsgemäß für die Einstellung oder Auswahl natürlicher Personen verwendet werden sollen, insbesondere um gezielte Stellenanzeigen zu schalten, Bewerbungen zu sichten oder zu filtern und Bewerber zu bewerten;
KI-Systeme, die bestimmungsgemäß für Entscheidungen, die die Bedingungen von Arbeitsverhältnissen, Beförderungen und Kündigungen von Arbeitsvertragsverhältnissen beeinflussen, für die Zuweisung von Aufgaben aufgrund des individuellen Verhaltens oder persönlicher Merkmale oder Eigenschaften oder für die Beobachtung und Bewertung der Leistung und des Verhaltens von Personen in solchen Beschäftigungsverhältnissen verwendet werden soll.
Welche Pflichten haben Betreiber solcher Hochrisiko-KI?
Für die Unternehmen als Betreiber solcher Hochrisiko-KI listet Art. 26 KI-VO zahlreiche Pflichten auf, unter anderem:
das Ergreifen geeigneter technischer und organisatorischer Maßnahmen, um sicherzustellen, dass diese Systeme gemäß den beigefügten Betriebsanleitungen verwendet werden,
den Einsatz natürlicher Personen, die über die erforderliche Kompetenz, Ausbildung und Befugnis verfügen, die menschliche Aufsicht auszuüben, und
soweit Hoheit über Eingabedaten besteht, müssen diese zweckgemäß und ausreichend repräsentativ sein etc.
Allein diese Auswahl der wichtigsten Pflichten für Betreiber zeigt, dass mit dem Kauf eines KI-Systems für die Personalverwaltung eine Anpassung des Compliance-Systems des Unternehmens geprüft und ggf. durchgeführt werden sollte.
Zentral für die Erfüllung der Compliance-Pflichten ist der Aufbau von “KI-Kompetenz” in der Organisation
Die hier exemplarische aufgeführten (wichtigsten) Betreiber-Pflichten haben eins gemeinsam: Alle Pflichten setzen voraus, dass diejenigen, die das System anwenden, idealerweise schon vor der Beschaffung eines KI-Systems partizipativ eingebunden und im Hinblick auf die Anwendung von KI geschult sind.
Man spricht hier von sog. “AI-Literacy”, das heißt “KI-Kompetenz”:
Aus dem Einsatz AI-basierter Systeme ergeben sich komplexe ethische, soziale und rechtliche Fragen zur Gestaltung der Mensch-AI-Interaktion. Um Menschen zu einem selbstbestimmten Umgang mit den neuen AI-Technologien zu befähigen, gilt es, die nötigen Kompetenzen, Wissen, Fähigkeiten und Metakognitionen zu definieren, zu messen und dann durch Maßnahmen passgenau zu adressieren.
Dass KI-Kompentenz in der Organisation das Kernelement der KI-Compliance ist, ergibt sich auch aus der KI-Verordnung selbst, dort heißt es in Artikel 4 KI-VO:
Betreiber von KI-Systemen ergreifen Maßnahmen, um nach besten Kräften sicherzustellen, dass ihr Personal und andere Personen, die in ihrem Auftrag mit dem Betrieb und der Nutzung von KI-Systemen befasst sind, über ein ausreichendes Maß an KI-Kompetenz verfügen, wobei ihre technischen Kenntnisse, ihre Erfahrung, ihre Ausbildung und Schulung und der Kontext, in dem die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, sowie die Personen oder Personengruppen, bei denen die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, zu berücksichtigen sind.
Mesoebene: Organisatorische Voraussetzungen für den Aufbau von KI-Kompetenz im Unternehmen
Für den nachhaltigen und effektiven Aufbau von KI-Kompetenz in Organisationen, Unternehmen, Behörden oder auch Gemeinden werden vier Schlüsselbereiche als maßgeblich betrachtet:
die Unternehmenskultur, die innovationsoffen, menschenzentriert, datenschutzbewusst und partizipativ sein sollte;
die adäquate Ressourcenplanung im Hinblick auf Weiterbildungsbudgets für Mitarbeiter und den Einsatz qualifizierter Experten,
die Phase vor der Beschaffung und Einführung von KI, in der der Kenntnisstand von relevanten Mitarbeitern ermittelt, Fehlannahmen und Ängste im Hinblick auf den Einsatz von KI adressiert werden und die allgemeine Akzeptanz für den Einsatz erhöht wird und
die konkrete Planung und Durchführung verhaltenspsychologisch fundierter Trainings unter Einsatz von Storytellings und Gamification.
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