Vertraulichkeitsgebot nach dem HinSchG: Wer ist geschützt?

Das Vertraulichkeitsgebot nach dem Hinweisgeberschutzgesetz – wer geschützt ist und wie Sie die Anforderungen umsetzen können.

Über 80.000 Organisationen in Deutschland sind vom Hinweisgeberschutzgesetz betroffen und müssen eine interne Meldestelle einrichten. Die Wahrung des Vertraulichkeitsgebots ist dabei die #1-TOP-Priorität für die Arbeit der Meldestelle.

Das Problem: Die gesetzlichen Grundlagen (§§ 8, 9 HinSchG) sind komplex und nicht selbsterklärend. Deshalb besteht bei vielen Meldestellenverantwortlichen keine hinreichende Kenntnis im Hinblick auf die Anforderungen an das Vertraulichkeitsgebot.

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht: Schon eine fahrlässiger Verstoß gegen das Vertraulichkeitsgebot ist bußgeldbewehrt. Bußgelder sind sowohl gegen Meldestellenbeauftragte persönlich als auch gegen das Unternehmen möglich. In der Spitze sind Bußgelder bis zu 50.000 Euro für Einzelpersonen und bis zu 500.000 EUR für Organisationen möglich.

Heute lernen Sie,

  1. welche Informationen Sie nach dem Vertraulichkeitsgebot schützen müssen,

  2. gegenüber wem Sie die Informationen schützen müssen, und

  3. wie Sie die Informationen schützen können.

🚀 Auf geht's!

Schritt 1: Die folgende Meldung liegt vor Ihnen. “Ruhig bleiben…”

Alles beginnt mit einem Hinweis an die Meldestelle. Dieser setzt das Verfahren nach dem Hinweisgeberschutzgesetz in Gang:

Schritt 2: Vertrauliche Daten identifizieren: “Alles was mit Identität(en) zu tun hat, ist Top-Secret!”

Hinweisgeber haben Angst, dass ihre Identität nicht geschützt wird: Laut einer repräsentativen Studie aus dem Jahr 2021 von Kai-D. Bussmann gaben 50 % der in Deutschland befragten Personen an, dass sie deshalb Bedenken haben, einen Hinweis auf ein bedeutendes Wirtschaftsdelikt zu melden.

Whistleblowing Studie (2021) der Transparency International Deutschland

Deshalb steht im Zentrum des Hinweisgeberschutzgesetzes der Schutz der Identität der hinweisgebenden Person!

Allerdings geht das Vertraulichkeitsgebot des Hinweisgeberschutzgesetzes weit darüber hinaus. Auch die Identität des Beschuldigten und des Zeugen ist jeweils geschützt!

Schauen wir uns den Gesetzestext Schritt für Schritt an:

Die Meldestellen haben die Vertraulichkeit der Identität der folgenden Personen zu wahren:

1. der hinweisgebenden Person (hier: Arnold Alpha), sofern die gemeldeten Informationen Verstöße betreffen, die in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen (hier: “Portemonnaie-Klau”, der als Diebstahl von § 2 Abs. 1 Nr. 1 HinSchG erfasst ist), oder die hinweisgebende Person zum Zeitpunkt der Meldung hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass dies der Fall sei,

2. der Personen, die Gegenstand einer Meldung sind (eindeutig: Dennis Dunkel), und

3. der sonstigen in der Meldung genannten Personen (hier unseres Zeugen: Linus Licht).

§ 8 HinSchG

Wir müssen also die Identität aller in der Meldung genannten Personen schützen. Dabei sind auch Informationen über Umstände geschützt, die Rückschlüsse auf die Identität des Hinweisgebers erlauben.

Schritt 3: Den “Kreis des Vertrauens” kennen.

Schauen wir uns nun an, gegenüber wem wir die Identität schützen müssen. Hier gibt es eine einfache Regel: Wer nicht Teil der Meldestelle ist, darf von den geschützten Identitäten grundsätzlich keine Kenntnis erlangen. Innerhalb der Meldestelle dürfen die zuständigen Personen Kenntnis erlangen:

Die Identität der in Satz 1 genannten Personen darf ausschließlich den Personen, die für die Entgegennahme von Meldungen oder für das Ergreifen von Folgemaßnahmen zuständig sind, sowie den sie bei der Erfüllung dieser Aufgaben unterstützenden Personen bekannt werden.

§ 8 Abs. 1 S. 2 HinSchG

Die zur Bearbeitung des Hinweises notwendige Kommunikation innerhalb der Meldestelle ist somit möglich: Sind mehrere Meldestellenbeauftragte bestellt, darf der Hinweis unter Offenlegung der Identitäten der betroffenen Personen den tatsächlich zuständigen Personen innerhalb der Meldestelle weitergegeben werden.

Die Gesetzesbegründung stellt allerdings klar, dass ein Weiterreichen einer eingegangenen Meldung auch innerhalb der Meldestelle auf das zwingend notwendige Maß zu beschränken ist (BT-Drucksache 20/3442).

An eine Stelle außerhalb der Meldestelle darf der Hinweis nur unter den Ausnahmetatbeständen des § 9 HinSchG herausgegeben werden. Dies gilt auch für eine Stelle im eigenen Unternehmen/der eigenen Behörde. Die Voraussetzungen für eine Weitergabe außerhalb der Meldestelle können in unserem kostenlosen HinSchG-Vertraulichkeits-Checker für Meldestellenbeauftragte eingesehen werden. Mit unserem Online-Tool ermitteln Sie schnell und rechtssicher die Anforderungen an die Weitergabe von Hinweisen.

HinSchG-Vertraulichkeits-Checker

Schritt 4: Die Meldestelle muss eine technisch-organisatorische und menschliche Firewall haben.

Die Mission ist klar. Identitätsdaten müssen gegenüber Personen außerhalb der Meldestelle auch im eigenen Unternehmen/der eigenen Behörde geschützt werden. Hierfür bedarf es hinreichender technisch/organisatorischer Vorkehrungen, wie sie aus dem Datenschutz bekannt sind:

Technisch-organisatorische Firewall u.a.:

  • Prozessbeschreibung zur Einhaltung des Vertraulichkeitsgebots

  • Verpflichtung zur Vertraulichkeit von Hilfspersonen u.a.

  • Zugriffs- und Zugangsmanagement (für physische Dokumente)

  • Rollen- und Berechtigungskonzepte (für Daten)

Menschliche Firewall u.a.:

  • Bestellung eines qualifizierten Beauftragten

  • Regelmäßige Schulung des Meldestellenbeauftragten zum Nachweis der Fachkunde gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 HinSchG

  • Awareness im Unternehmen im Hinblick auf die Rolle der Meldestelle und ihre Pflicht zur Vertraulichkeit

Zusammenfassung

Das Hinweisgeberschutzgesetz verpflichtet Meldestellenbeauftragte alle Informationen zu den in der Meldung genannten Personen und zur hinweisgebenden Person geheim zu halten. Nur in Ausnahmefällen darf eine Weitergabe an eine Stelle außerhalb der Meldestelle erfolgen. Unser Vertraulichkeits-Checker navigiert Sie praxisnah durch die gesetzlichen Voraussetzungen.

Unseren Experten Rechtsanwalt Dr. Tony Rostalski sehen und treffen sie übrigens auch in der On compliance Fachkundeschulung für Meldestellenbeauftragte nach § 15 Abs. 2 S. 1 HinSchG.

Fachkundeschulung für Meldestellenbeauftragte

Der Online-Kurs mit Zertifikat bietet Ihnen eine detaillierte Einführung und praktische Anleitung, um als Meldestellenbeauftragte/r mit Fachkunde im Sinne des § 15 Abs. 2 S. 1 HinSchG tätig werden zu können. Neben dem Vertraulichkeitsgebot und seinen Ausnahmen lernen Sie im Kurs u.a.

  • wie eine Meldestelle wirksam nach HinSchG eingerichtet wird,

  • welche datenschutzrechtlichen Anforderungen beim Betrieb der Meldestelle zu beachten sind,

  • wie Meldungen Schritt für Schritt rechtssicher bearbeitet werden und

  • wie eine Interne Untersuchung rechtskonform geplant und durchgeführt wird.

Jetzt gleich unverbindlich für den ONC-Campus einschreiben und das erste Modul der Fachkundeschulung kostenfrei durcharbeiten.